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Czytaj książkę: «Die Dame von Monsoreau», strona 22

Czcionka:

Achtes Kapitel
Wie der Bruder Gorenflot erwachte, und welcher Empfang ihm in seinem Kloster zu Teil wurde

Wir haben unsern Freund Chicot in Extase von dem nicht unterbrochenen Schlafe und dem glänzenden Schnarchen von Bruder Gorenflot zurückgelassen; er machte dem Wirte ein Zeichen, sich zu entfernen und das Licht mitzunehmen, und empfahl ihm ganz besonders, dem würdigen Bruder kein Wort von seinem Abgang um zehn Uhr Abends und von seiner Rückkehr um drei Uhr Morgens zu sagen.

Da Meister Bonhomet Eines bei dem zwischen dem Narren und dem Mönche bestehenden Verhältnis bemerkt hatte, nämlich dass der Narr beständig bezahlte, so hegte er für den Narren eine große Verehrung während seine Achtung vor dem Mönche im Ganzen nur gering war.

Er versprach daher Chicot, den Mund in keinem Falle über die Ereignisse der Nacht zu öffnen, und entfernte sich, die zwei Freunde in der Finsternis lassend, wie es ihm befohlen worden war.

Bald bemerkte Chicot einen Umstand, der seine Bewunderung erregte: der Bruder Gorenflot schnarchte und sprach zu gleicher Zeit; was nicht, wie man etwa glauben könnte, ein mit Vorwürfen vollgestopftes Gewissen, sondern einen mit Speisen überladenen Magen andeutete.

Die Worte, welche Gorenflot in seinem Schlafe sprach, bildeten, an einander gerecht, eine furchtbare Mischung von heiliger Beredsamkeit und bacchischen Maximen.

Chicot bemerkte indessen, dass er, wenn er in vollständiger Finsternis bleiben würde, große Mühe hätte, die Wiederherstellung zu bewerkstelligen, welche er vornehmen musste, damit Gorenflot bei seinem Erwachen nichts vermutete; er konnte in der Tat in der Dunkelheit unvorsichtiger Weise auf eines von den vier Gliedern des Mönches, deren verschiedene Richtungen er nicht kannte, treten und ihn durch den Schmerz seiner Lethargie entziehen.

Chicot blies daher auf die Kohlen der Glutpfanne, um die Szene ein wenig zu beleuchten.

Bei dem Geräusche dieses Blasens hörte Gorenflot auf zu schnarchen und murmelte:

»Meine Brüder! das ist ein gewaltiger Wind; es ist der Hauch des Herrn, es ist der Atem, den er mir einflößt.«

Und er fing wieder an zu schnarchen.

Chicot wartete einen Augenblick, bis der Schlaf abermals seinen ganzen Einfluss gewonnen hatte, und begann dann den Mönch auszuwickeln.

»Brrruh!« machte Gorenflot, »welche Kälte! Das wird die Trauben hindern, reif zu werden.«

Chicot hielt mitten in seiner Operation an und nahm diese erst einen Augenblick nachher wieder auf.

»Ihr kennt meinen Eifer, meine Brüder,« fuhr der Mönch fort, »Alles für die Kirche und Monseigneur den Herzog von Guise.«

»Canaille!« sagte Chicot.

»Das ist meine Meinung,« sprach Gorenflot, »doch es ist gewiss …«

»Was ist gewiss?« fragte Chicot, den Mönch aufhebend, um ihm sein Kleid anzuziehen.

»Es ist gewiss, dass der Mensch stärker ist, als der Wein; Bruder Gorenflot hat gegen den Wein gekämpft, wie Jakob gegen den Engel, und Bruder Gorenflot hat den Wein gebändigt.«

Chicot zuckte die Achseln.

Diese unzeitige Bewegung machte, dass der Mönch ein Auge öffnete, und, über ihn geneigt, sah er das Lächeln von Chicot, welches bei diesem zweifelhaften Scheine etwas Unheimliches, Furchtbares hatte.

»Oh! keine Gespenster, keine Kobolde,« sagte der Mönch, als ob er sich bei irgend einem Hausgeiste beklagte, der die mit ihm geschlossene Übereinkunft vergessen hätte.

»Er ist immer noch ganz und gar berauscht,« sprach Chicot, indem er Gorenflot vollends in sein Kleid wickelte und seine Kapuze auf seinen Kopf vorzog.

»Gut, gut,« brummte der Mönch, »der Messner hat die Chorthüre geschlossen, und der Wind dringt nicht mehr zu mir.«

»Nun erwache, wenn Du willst, mir gleichviel,« sagte Chicot.

»Der Herr hat mein Gebet erhört,« murmelte der Mönch, »und der Nordwind, den er geschickt hatte, um den Weinstock erfrieren zu lassen, hat sich in einen sanften Zephyr verwandelt.«

»Amen!« sprach Chicot.

Und nachdem er die leeren Flaschen und beschmutzten Teller so wahrscheinlich als möglich geordnet, machte er sich ein Kopfkissen aus Servietten und einem Tischtuche und entschlief neben seinem Gefährten.

Dem in seine Augen fallenden hellen Tag und der spitzigen Stimme des Wirtes gelang es gemeinschaftlich, den dicken Dunst zu durchdringen, der die Gedanken von Gorenflot in einem bleiernen Schlafe gefesselt hielt.

Er erhob sich und setzte sich mit Hilfe seiner Hände auf denjenigen Teil, welchen die vorsichtige Natur dem Menschen als Hauptschwerpunkt gegeben hat.

Als diese Operation nicht ohne Schwierigkeit vollzogen war, fing er an, den bezeichnenden Durcheinander des Geschirrs zu betrachten, während Chicot, der durch eine anmutige Biegung eines seiner Arme keine einzige Bewegung des Mönches verlor, sich stellte, als schnarchte er, und zwar mit einer Natürlichkeit, welche seiner von uns bereits erwähnten Nachahmungsgabe alle Ehre machte.

»Heller Tag!« rief der Mönch, »Corbleu! heller Tag! Es scheint, ich habe die Nacht hier zugebracht!«

Dann seine Gedanken sammelnd, fügte er bei:

»Und die Abtei! Oh! oh!«

Hiernach zog er den Strick seines Kleides zusammen, eine Mühe, die sich Chicot nicht geben zu müssen geglaubt hatte.

»Gleichviel,« sagte er, »ich hatte einen seltsamen Traum; es kam mir vor, als wäre ich tot und in ein mit Blut beflecktes Leichentuch gehüllt.«

Gorenflot täuschte sich nicht ganz: er hatte, halb erwachend, das Tischtuch, das ihn umgab, für ein Leichentuch und die Weinflecken für Blutstropfen gehalten.

»Zum Glück war es nur ein Traum,« sprach Gorenflot und schaute abermals umher.

Bei dieser neuen Untersuchung fielen seine Augen auf Chicot, der, als er fühlte, dass er vom Mönche betrachtet wurde, mit verdoppelter Kraft schnarchte.

»Wie schön ist doch ein Trunkener!« sagte Gorenflot, Chicot mit Bewunderung anschauend.

»Und wie glücklich ist er, dass er so schlafen kann,« fügte der Mönch bei. »Ah! das kommt davon her, dass er nicht in meiner Lage ist.«

Und er stieß einen Seufzer aus, der die Stärke des Schnarchens von Chicot erreichte, so dass der Seufzer wahrscheinlich den Gascogner erweckt haben würde, hätte der Gascogner wirklich geschlafen.

»Wenn ich ihn wecken würde, um ihn um seine Meinung zu fragen?« dachte der Mönch, »er ist ein Mann von gutem Rat.«

Chicot verdreifachte die Dose, und das Schnarchen, das den Ton einer Orgel erreicht hatte, ging zur Nachahmung des Donners über.

»Nein,« versetzte Gorenflot, »das würde ihm zu viel Vorteil über mich gewähren. Ich werde wohl eine gute Lüge ohne ihn finden.«

»Doch wie die Lüge auch sein mag,« fuhr der Mönch fort, »ich werde immerhin Mühe haben, das Einsperren zu vermeiden. Es ist nicht gerade das Gefängnis, was ich fürchte, sondern Wasser und Brot in Folge davon. Hätte ich nur wenigstens etwas Geld, um den Bruder Kerkermeister zu bestechen! …«

Als Chicot dies hörte, zog er aus seiner Tasche sachte eine ziemlich runde Börse und verbarg sie unter seinem Bauche.

Diese Vorsicht war nicht ganz unnötig: mehr zerknirscht als je, näherte sich Gorenflot seinem Freunde und murmelte die schwermütigen Worte: »Wenn er wach wäre, würde er mir einen Thaler nicht verweigern; doch sein Schlaf ist mir heilig … und ich will ihn nehmen.«

Bei diesen Worten erhob sich der Bruder Gorenflot, nachdem er eine Zeit lang sitzen geblieben war, auf seine Knie, neigte sich gegen Chicot vor und streckte ganz zart seine Hand in die Tasche des Schläfers.

Trotz des von seinem Gefährten gegebenen Beispiels, dachte Chicot nicht daran, seinen Hausgeist anzurufen, und ließ ihn nach Belieben in der einen und der andern Tasche seines Wammses suchen.

»Das ist sonderbar,« sagte der Mönch, »nichts in den Taschen. Ah! vielleicht im Hut.«

Während der Mönch seine Nachforschung vornahm, leerte Chicot seine Börse in seine Hand und steckte sie platt und leer in seine Hosentasche.

»Nichts in dem Hute,« sprach der Mönch, »das wundert mich. Mein Freund Chicot, ein Narr voll Vernunft, geht doch nie ohne Geld aus. Ah! Du guter, alter, ehrlicher Gallier,« fügte er mit einem Lächeln bei, das seinen Mund bis an die Ohren schlitzte, »ich habe Deine Beinkleider vergessen.«

Und mit der Hand in die Beinkleider von Chicot schlüpfend, zog er die leere Börse heraus.

»Mein Jesus!« murmelte der Mönch, »und wer wird die Zeche bezahlen?«

Dieser Gedanke brachte auf Gorenflot einen tiefen Eindruck hervor, denn er machte sich sogleich auf die Beine, wandte sich mit noch etwas weinschweren, aber ziemlich raschen Schritten nach der Türe, ging ohne ein Gespräch mit dem Wirte anzuknüpfen, obgleich ihm derselbe in dieser Hinsicht entgegenkam, durch die Küche, und entfloh.

Dann steckte Chicot sein Geld wieder in seine Börse, seine Börse in seine Tasche, stand auf, lehnte sich mit dem Ellenbogen an ein Fenster, an welches bereits ein Sonnenstrahl drang, und vergaß Gorenflot in einer tiefen Betrachtung.

Der Bruder Almosensammler verfolgte indessen, den Bettelsack auf der Schulter, seinen Weg mit einer ernsten Miene, die den Vorübergehenden als Nachdenken erscheinen konnte, aber nichts Anderes war, als eine innere Beschäftigung, denn Gorenflot suchte eine von jenen herrlichen Lügen lockerer Mönche oder verspäteter Soldaten, eine Lüge, deren Grund immer derselbe ist, während den Einschlag eine launenhafte Stickerei je nach der Einbildungskraft des Lügners bildet.

Bruder Gorenflot gewahrte von ferne die Türen des Klosters, sie kamen ihm noch düsterer vor, als gewöhnlich, und er betrachtete als ein unglückliches Vorzeichen die Gegenwart von vier Mönchen, welche auf der Schwelle mit einander sprachen und abwechselnd die vier Himmelsgegenden betrachteten.

Doch kaum war er aus der Rue Saint-Jacques hervorgetreten, als ihm eine große Bewegung unter den Brüdern im Augenblick, wo sie ihn gewahrten, die furchtbarste Angst einjagte, die er in seinem Leben gehabt hatte.

»Sie sprechen von mir,« sagte er, »sie deuten auf mich, sie warten auf mich; man hat mich diese Nacht gesucht; meine Abwesenheit hat Ärgernis gegeben. Ich bin verloren!«

Und es schwindelte ihm; der tolle Gedanke, zu entfliehen kam ihm in den Kopf; doch bereits eilten ihm mehrere Mönche entgegen; man verfolgte ihn ohne Zweifel.

Bruder Gorenflot ließ sich Gerechtigkeit widerfahren und sagte sich, er wäre nicht für das Rennen gebaut; man würde ihn einholen, knebeln, in das Kloster schleppen; er zog daher die Resignation vor.

Mit gesenktem Ohr ging er auf seine Genossen zu, welche zu zögern schienen, ob sie mit ihm sprechen sollten.

»Ah!« sagte Gorenflot, »sie geben sich den Anschein, mich nicht zu erkennen, ich bin ein Stein des Anstoßes.«

Endlich näherte sich einer von ihnen Gorenflot und sagte zu ihm:

»Armer, teurer Bruder!«

»Lasst mich Euch erklären, mein Vater …«

Gorenflot stieß einen Seufzer aus und schlug die Augen zum Himmel auf.

»Ihr wisst, dass der Prior Euch erwartet,« sagte ein Anderer.

»Ah! mein Gott!«

»Oh! Mein Gott, ja,« fügte ein Dritter bei, »er hat befohlen, Euch zu ihm zu führen, sobald Ihr in das Kloster zurückgekehrt wärt.«

»Das befürchtete ich,« sprach Gorenflot.

Und mehr todt als lebendig, trat er in das Kloster, dessen Türe sich hinter ihm schloss.

»Ah! Ihr seid es,« rief der Bruder Pförtner. »kommt geschwinde, der ehrwürdige Prior Joseph Foulon verlangt nach Euch.«

Und der Bruder Pförtner nahm Gorenflot bei der Hand und führte oder schleppte ihn vielmehr bis in das Zimmer des Prior.

Auch hier schlossen sich die Türen wieder.

Gorenflot schlug die Augen nieder, aus Furcht, dem zornigen Blicke des Abtes zu begegnen; er fühlte sich allein, verlassen von der ganzen Welt, einem Superior gegenüber, der aufgebracht, mit Recht aufgebracht sein musste.

»Ah! Ihr seid es, endlich seid Ihr da,« sprach der Abt.

»Mein Ehrwürdiger,« stammelte der Mönch.

»Welche Unruhe habt Ihr mir bereitet!« sagte der Prior.

»Zu viel Güte, mein Vater,« versetzte Gorenflot, der den nachlässigen Ton, den er nicht erwartet hatte, durchaus nicht begriff.

»Nicht wahr, Ihr habt Euch gefürchtet, nach der Szene dieser Nacht zurückzukehren?«

»Ich gestehe, dass ich nicht zurückzukehren wagte,« erwiderte der Mönch, dessen Stirne mit eiskaltem Schweiße bedeckt war.

»Ah! Lieber Bruder,« sprach der Abt, »was Ihr getan habt, ist sehr jugendlich und sehr unvorsichtig.«

»Lasst mich Euch erklären, mein Vater …«

»Was bedarf es einer Erklärung? Euer Ausfall …«

»Ich brauche Euch nicht zu erklären…« sagte Gorenflot, »desto besser, denn ich war sehr in Verlegenheit, wie ich dies tun sollte.«

»Ich begreife das sehr gut. Ein Augenblick der Exaltation, die Begeisterung hat Euch fortgerissen; die Exaltation ist eine heilige Tugend, die Begeisterung ist ein frommes Gefühl; doch übertriebene Tugenden werden beinahe zu Lastern, und die ehrenvollsten Gefühle sind beim Übermaß tadelnswert.«

»Verzeiht, mein Vater,« sagte Gorenflot, »doch wenn Ihr auch begreift, ich begreife nicht ganz. Von welchem Ausfall sprecht Ihr?«

»Von dem, welchen Ihr diese Nacht gemacht habt.«

»Aus dem Kloster?« fragte schüchtern der Mönch.

»Nein, im Kloster.«

»Ich habe einen Ausfall im Kloster gemacht.«

»Ja, Ihr.«

Gorenflot kratzte sich an der Nase. Er begann einzusehen, dass die unterbrochene Rede auf einem Missverständnis beruhte.

»Ich bin ein eben so guter Katholik als Ihr, doch Eure Kühnheit hat mich erschreckt.«

»Meine Kühnheit?« sagte Gorenflot, »ich bin also sehr kühn gewesen?«

»Mehr als kühn, mein Sohn, Ihr seid verwegen gewesen.«

»Ah! man muss das den Verirrungen eines noch wenig geschmeidigen Temperaments verzeihen; ich werde mich bessern, mein Vater.«

»Ja, doch mittlerweile muss ich notwendig für Euch und für uns die Folgen dieses auffallenden Benehmens fürchten. Wenn die Sache unter uns vorgefallen wäre, so hätte es nichts zu bedeuten.«

»Wie! die Sache ist in der Welt bekannt?«

»Allerdings, Ihr wusstet wohl, dass mehr als hundert Laien da waren, die kein Wort von Eurer Rede verloren.«

»Von meiner Rede?« versetzte Gorenflot, immer mehr erstaunt.

»Ich gestehe, dass sie schön war, ich gestehe, dass der Beifall Euch berauschen, dass die allgemeine Beistimmung Euren Kopf verwirren musste; doch eine Prozession durch die Straßen von Paris vorschlagen, sich anbieten, den Panzer umzuschnallen, es darauf anlegen, dass man den Helm auf dem Kopfe und die Partisane auf der Schulter einen Aufruf an alle gute Katholiken ergehen lasse … dass es so weit kam, Ihr müsst zugestehen, das war zu stark.«

Gorenflot schaute den Prior mit Augen an, welche alle Nuancen des Erstaunens durchliefen.

»Es gibt nur ein Mittel, Alles zu versöhnen und auszugleichen,« fuhr der Prior fort. »Der religiöse Saft, der in Eurem edlen Herzen gärt, würde Euch in Paris schaden, wo es so viele boshafte Augen gibt, die Euch bespähen. Ich wünsche, Ihr würdet ihn ausgießen …«

»Wo dies, mein Vater?« fragte Gorenflot, überzeugt, es handle sich um eine Wanderung in das Gefängnis.

»In der Provinz.«

»Eine Verbannung!« rief Gorenflot.

»Es könnte Euch noch viel Schlimmeres begegnen, wenn Ihr hier bliebet.«

»Und was könnte mir denn begegnen?«

»Ein Criminalprozeß, der aller Wahrscheinlichkeit nach ewigen Kerker, wenn nicht den Tod herbeiführen würde.«

Gorenflot erbleichte furchtbar; er konnte nicht begreifen, wie er sich dadurch, dass er sich in einer Schenke betrunken und die Nacht außerhalb des Klosters zugebracht, der Gefahr eines ewigen Kerkers oder gar des Todes ausgesetzt haben sollte.

»Während Ihr, wenn Ihr Euch dieser vorübergehenden Verbannung unterwerft, mein teurer Bruder, nicht allein der Gefahr entgeht, sondern auch die Fahne des Glaubens in der Provinz aufpflanzt. Gefährlich und sogar unmöglich unter den Augen des Königs und seiner verfluchten Günstlinge, wird das, was Ihr in dieser Nacht getan und gesagt habt, in der Provinz viel leichter ausführbar. Reist so schnell als möglich ab, Bruder Gorenflot, vielleicht ist es schon zu spät, und die Bogenschützen haben bereits Befehl erhalten, Euch zu verhaften.«

»Wehe! mein ehrwürdiger Vater, was sagt Ihr da?« stammelte der Mönch, ganz erschrockene Augen in ihren Höhlen umher wälzend, denn je länger der Prior, dessen Milde er Anfangs bewunderte, sprach, desto mehr staunte er über die ungeheure Größe, die eine im Ganzen erlässliche Sünde annahm, »die Bogenschützen, sagt Ihr, was habe ich mit den Bogenschützen zu tun?«

»Ihr habt nichts mit ihnen zu tun, aber sie könnten wohl mit Euch zu tun haben.«

»Man hat mich also angezeigt?« fragte Bruder Gorenflot.

»Ich wollte darauf wetten. Reist, reist so schnell als möglich.«

»Reisen, mein Ehrwürdiger!« rief Gorenflot ganz niedergeschmettert, »das ist leicht zu sagen; doch wie soll ich leben, wenn ich abgereist bin?«

»Nichts kann leichter sein. Ihr seid der Bruder Almosensammler des Klosters; das sind Eure Mittel zum Unterhalt. Von Euren Sammlungen habt Ihr bis jetzt die Andern ernährt, von Euren Sammlungen werdet Ihr Euch selbst nähren. Und dann seid unbesorgt: mein Gott! das von Euch entwickelte System wird Euch in der Provinz so viele Parteigänger verschaffen, dass es Euch meiner festen Überzeugung nach an nichts fehlen kann. Doch geht in Gott, geht, und kommt besonders nicht zurück, bevor man Euch benachrichtigt hat.«

Hiernach umarmte der Prior den Bruder Gorenflot auf das Zärtlichste und schob ihn, zwar sanft, aber mit einer erfolgreichen Beharrlichkeit bis an die Türe seiner Zelle.

Die ganze Gemeinde war, den Bruder Gorenflot erwartend, versammelt.

Kaum erschien er, als Alle auf ihn losstürzten und Alle seine Hände, seinen Hals oder seine Kleider berühren wollten. Einige gingen in ihrer Verehrung so weit, dass sie den Saum seines Rockes küssten.

»Gott befohlen,« sprach ein Mönch, ihn an sein Herz pressend, »Ihr seid ein heiliger Mann, vergesst mich nicht in Euren Gebeten.«

»Bah!« sagte Gorenflot zu sich selbst, »ich ein heiliger Mann?«

»Lebt wohl,« rief ein Anderer ihm die Hand drückend, »mutiger Streiter für den Glauben, lebt wohl; Gottfried von Bouillon war nur wenig gegen Euch.«

»Lebt wohl, Märtyrer,« sagte ein Dritter, das Ende seines Strickes küssend, »die Blindheit wohnt noch unter uns, doch die Stunde des Lichtes wird kommen.«

Und so fand sich Gorenflot, von Arm zu Arm, von Kuss zu Kuss, von Lobpreisung zu Lobpreisung, bis zur, Türe des Klosters geschoben, welche sich hinter ihm schloss, sobald er die Schwelle überschritten hatte.

Gorenflot schaute diese Türe mit einem Ausdruck an, den nichts wiederzugeben vermochte, und wich endlich rückwärts aus Paris, als hätte ihm der Engel der Vertilgung die Spitze seines flammenden Schwertes gezeigt.

Das einzige Wort, das ihm entschlüpfte, als er zum Tore kam, war:

»Der Teufel soll mich holen! sie sind insgesamt Narren, oder wenn sie es nicht sind, barmherziger Gott! so bin ich es.«

Neuntes Kapitel
Wie Bruder Gorenflot überzeugt blieb, er wäre Nachtwandler, und dieses Gebrechen bitter beklagte

Bis zu dem unseligen Tage, zu welchem wir gelangt sind, bis zu dem Tage, wo den armen Mönch die unerwartete Verfolgung traf, hatte der Bruder Gorenflot ein beschauliches Leben geführt, das heißt, am frühen Morgen ausgehend, wenn er frische Luft schöpfen wollte, spät, wenn er die Sonne suchte, auf Gott und die Küche der Abtei bauend, hatte er stets nur daran gedacht, sich die sehr weltlichen und überdies sehr seltenen Extras des Füllhornes zu verschaffen; diese Extras waren den Launen der Gläubigen unterworfen und konnten nur von den Almosen in Geld abgezogen werden, welche der Bruder Gorenflot vorübergehend in der Rue Saint-Jacques einen Halt machen ließ; nach dem Halte kamen die Almosen, vermindert um die Summe, welche Gorenflot auf dem Wege gelassen hatte, in das Kloster. Wohl war noch Chicot, sein Freund, vorhanden, der gute Mahle und gute Gäste liebte. Der Mönch sah ihn bisweilen drei oder vier Tage hinter einander, dann vergingen wieder vierzehn Tage, ein Monat, sechs Wochen, ohne dass er erschien, mochte er nun mit dem König eingeschlossen bleiben, oder ihn auf einer Pilgerfahrt begleiten, oder für seine eigene Rechnung eine Geschäfts- oder Phantasiereise ausführen. Gorenflot war also einer von den Mönchen, bei denen, wie bei gewissen Soldaten, Kindern der Truppe, die Welt bei dem Superior des Hauses, das heißt bei dem Obersten des Klosters, anfing und bei dem leeren Fleischtopf endigte. Dieser Soldat der Kirche, dieses Kind der Kutte, wenn es uns erlaubt ist, auf ihn den malerischen Ausdruck anzuwenden, den wir soeben auf die Verteidiger des Vaterlandes angewendet haben, hatte sich nie eingebildet, er müsste sich eines Tages emsig auf den Weg begeben und Abenteuer suchen.

Wenn er noch Geld gehabt hätte; doch die Antwort des Priors auf seine Frage war so einfach und ohne apostolischen Schmuck, wie ein Bruchstück des heiligen Lucas.

»Suche und du wirst finden.«

Bedenkend, dass er genötigt sein sollte, in der Ferne zu suchen, fühlte sich Gorenflot müde, ehe er angefangen hatte.

Die Hauptsache war indessen, sich vor Allem der Gefahr zu entziehen, die ihn bedrohte, einer unbekannten, jedoch nach dem, was aus den Worten des Priors hervorging, dringenden Gefahr. Der arme Mönch gehörte nicht zu denjenigen, welche ihr Äußeres verkleiden und den Nachforschungen durch irgend eine geschickte Metamorphose entgehen können; er beschloss daher, ungesäumt das Weite zu gewinnen, schritt in diesem Entschluss rasch durch die Porte Bordelle, ging behutsam und sich so dünn als möglich machend an dem Schilderhaus der Nachtwächter und an dem Posten der Schweizer vorbei, aus Furcht, diese Bogenschützen, welche ihm der Prior so sehr hervorgehoben hatte, wären nur zu fassbare Wirklichkeiten.

Doch als er einmal in freier Luft, als er einmal auf ebenem Felde, als er fünfhundert Schritte vor dem Thor war, als er am Rande des Grabens wie einen Lehnstuhl das erste Gras des Frühjahrs erblickte, das aus der bereits grünenden Erde hervorzudringen strebte, als er die freudige Sonne am Horizont, die Einsamkeit rechts und links gewahrte und das Gemurmel der Stadt hinter sich hörte, setzte er sich auf die Böschung der Straße, steckte sein doppeltes Kinn in seine breite, fette Hand, kratzte sich mit dem Zeigefinger an dem viereckigen Knopf einer Bulldogsnase und versenkte sich in eine Träumerei in Begleitung von Seufzern.

Abgesehen von dem Saiteninstrumente, welches ihm fehlte, glich Bruder Gorenflot nicht wenig einem von den Hebräern, welche, ihre Harfe an eine Weide hängend, zur Zeit der Zerstörung von Jerusalem den Text zu dem berühmten Verse: Super flumina Babylonis, und den Gegenstand zu einer Myriade von schwermütigen Gemälden lieferten.

Gorenflot seufzte um so mehr, als die neunte Morgenstunde herannahte, die Stunde, zu der man im Kloster zu Mittag speiste, denn in der Zivilisation zurück, befolgten die guten Mönche, wie es Leuten geziemt, welche sich von der Welt losgesagt haben, noch im Jahre der Gnade 1578 die Gewohnheit des guten Königs Karl V., der um acht Uhr Morgens nach seiner Messe zu Mittag speiste.

Man könnte eben so gut die von dem Winde am Gestade des Meeres an einem Sturmtage aufgehobenen Sandkörner zählen, als die widersprechenden Gedanken, welche hinter einander in dem Gehirne des nüchternen Gorenflot auskrochen.

Sein erster Gedanke, derjenige, von welchem er sich am schwersten zu befreien vermochte, war, nach Paris zurückzukehren, geradezu in das Kloster zu gehen, dem Abt zu erklären, er zöge entschieden den Kerker der Verbannung vor, und nötigenfalls einzuwilligen, die Disziplin, die Peitsche, die doppelte Peitsche und das in pace auszuhalten, wenn man ihm schwören würde, man wolle sich mit seinen Mahlen beschäftigen, welche Mahle er sogar auf fünf täglich beschränken zu lassen gedachte.

Auf diesen Gedanken, der so hartnäckig war, dass er mehr, als eine volle Viertelstunde das Gehirn des armen Mönches bearbeitete, folgte ein anderer, etwas vernünftigerer: er wollte geraden Wegs nach dem Füllhorne gehen, Chicot dahin rufen lassen, wenn er ihn nicht noch eingeschlafen fände, ihm die klägliche Lage auseinandersetzen, in welche er in Folge seiner bacchischen Aufforderungen, denen er, Gorenflot, nachzugeben die Schwäche gehabt, geraten war, und von diesem edelmütigen Freunde sich ein Kostgeld erbitten.

Dieser Plan beschäftigte Gorenflot eine weitere Viertelstunde, denn es war ein vernünftiger Kopf und der Gedanke nicht ganz ohne Verdienst.

Endlich kam ein dritter Gedanke, dem es nicht an einer gewissen Kühnheit gebrach; er hatte im Sinne, sich um die Mauern der Hauptstadt zu wenden, durch die Porte Saint-Germain oder die Tour de Nesle zurückzukehren und heimlich seine Einsammlungen in Paris fortzusetzen. Er kannte die guten Orte, die fruchtbaren Winkel, die kleinen Gassen, wo gewisse Gevaterinnen saftiges Geflügel aufzogen und stets einen in seinem Fett erstickten Kapaun in den Sack des Almosensammlers zu werfen hatten. Er sah in dem dankbaren Spiegel seiner Erinnerung ein gewisses Haus mit einer Freitreppe, wo man Konserven aller Art bereitete, und zwar hauptsächlich, wenigstens bildete sich Bruder Gorenflot dies ein, um in den Sack des Almosensammlers im Austausch für seinen väterlichen Segen bald ein Viertel Gelee von getrockneten Quitten, bald ein Dutzend eingemachte Nüsse, bald eine Schachtel gedörrte Äpfel, deren Geruch allein einen Sterbenden erquickt hätte, fallen zu lassen. Denn es ist nicht zu leugnen, die Gedanken von Bruder Gorenflot waren hauptsächlich den Freuden der Tafel und den Süßigkeiten der Ruhe zugewendet; so dass er nicht ohne eine gewisse Unruhe an jene Advokaten des Teufels dachte, welche, genannt die Trägheit und die Leckerei, am jüngsten Gerichte gegen ihn plaidiren würden. Mittlerweile aber folgte der würdige Mönch, vielleicht nicht ohne Gewissensbisse, doch er folgte jedenfalls dem mit Blüten bedeckten Abhang, der in den tiefen Schlund führt, in welchem beständig, wie Scylla und Charybdis, diese zwei Todsünden brüllen.

Auch dieser letzte Plan lächelte ihn an; auch diese Lebensart dünkte ihm diejenige, zu welcher er von der Natur bestimmt wäre; doch um diesen Plan auszuführen, um diese Lebensart zu verfolgen, musste er in Paris bleiben und sich der Gefahr aussetzen, auf jedem Schritte den Bogenschützen, den Sergenten, den kirchlichen Behörden, einer gefährlichen Heerde für einen herumschweifenden Mönch, zu begegnen.

Dann zeigte sich noch ein anderer Übelstand: der Säckelmeister des Saint-Geneviève Klosters war ein zu sorgfältiger Verwalter, um Paris ohne einen Bruder Almosensammler zu lassen; Gorenflot lief Gefahr, sich einem Kollegen gegenüber zu finden, der vor ihm den unbestreitbaren Vorzug gesetzlicher Ausübung seiner Funktionen gehabt hätte.

Dieser Gedanke machte Gorenflot beben, und er hatte, auch sicherlich Grund dazu.

So weit war er mit seinen Selbstgesprächen und Befürchtungen, als er in der Ferne, unter der Porte Bordelle, einen Reiter erscheinen sah, der bald das Gewölbe durch den Galopp seines Rosses erschütterte.

Der Unbekannte stieg an einem Hause ab, das ungefähr hundert Schritte von dem Orte lag, wo Gorenflot saß; er klopfte an, man öffnete ihm, und Roß und Reiter verschwanden in dem Hause.

Gorenflot bemerkte diesen Umstand, weil er das Glück des Reiters beneidete, der ein Pferd besaß und es folglich verkaufen konnte.

Doch nach einem Augenblick kam der Reiter, Gorenflot erkannte ihn an seinem Mantel, kam der Reiter, sagen wir, wieder aus dem Hause heraus, und da sich in einiger Entfernung eine Baumgruppe fand und vor der Baumgruppe ein großer Steinhaufen lag, so kauerte er sich zwischen den Bäumen und dieser Bastei neuerer Art nieder.

»Hier bereitet sich offenbar ein Hinterhalt,« murmelte Gorenflot. »Wäre ich den Bogenschützen minder verdächtig, so würde ich sie benachrichtigen, oder wäre ich mutiger, so würde ich mich dem widersetzen.«

Der Mann, der im Hinterhalte lag, und dessen Augen das Thor der Stadt nur verließen, um die Gegend mit einer gewissen Unruhe zu durchforschen, gewahrte jetzt mit einem der raschen Blicke, die er nach rechts und links warf, Gorenflot, welcher immer noch auf dem Boden saß und sein Kinn auf die Hand stützte. Dieser Anblick war ihm lästig; er stellte sich, als ginge er mit gleichgültiger Miene hinter den Bruchsteinen spazieren.

»Das ist eine Haltung,« sagte Gorenflot, »das ist ein Wuchs … es ist mir, als sollte ich ihn kennen; … doch nein, unmöglich.«

In dieser Sekunde sank der Unbekannte, der Gorenflot den Rücken zuwendete, plötzlich nieder, als ob ihm die Muskeln seiner Beine den Dienst versagt hätten. Er hatte ein gewisses Geräusch von Hufeisen vom Tore der Stadt her gehört.

Es kamen in der Tat drei Männer, von denen zwei Lackeien zu sein schienen, drei gute Maultiere und drei dicke Mantelsäcke durch die Porte Bordelle aus Paris heraus. Sobald sie der Mann hinter den Bruchsteinen erblickt hatte, machte er sich wo möglich noch kleiner, kroch mehr, als er ging, erreichte die Baumgruppe, wählte sich den dicksten Baum aus, duckte sich hinter demselben, und nahm die Stellung eines Jägers auf dem Anstand.

Der Reiterzug kam vorüber, ohne ihn zu sehen, oder wenigstens ohne ihn zu bemerken, während im Gegenteil der Mann im Hinterhalte den Zug mit den Augen zu verschlingen schien.

»Ich habe es verhindert, dass das Verbrechen begangen worden ist,« sagte Gorenflot, »und meine Anwesenheit auf dem Wege gerade in diesem Augenblick ist eine von jenen Kundgebungen des göttlichen Willens, die mir wohl am Ende noch zu einem Frühstück verhelfen werden.«

Als die Kavalkade vorüber war, kehrte der Lauernde in das Haus zurück.

«Gut,« sagte Gorenflot, »das ist ein Umstand, der mir, wenn ich mich nicht sehr täusche, den gewünschten Vorteil verschaffen wird. Ein Mann auf der Lauer will nicht gern gesehen werden. Es ist ein Geheimnis, das ich besitze, und wäre es nur sechs Deniers wert, ich werde es mir zu Nutzen machen.«

Und ohne zu zögern, wandte sich Gorenflot nach dem Hause; doch je mehr er sich demselben näherte, desto mehr erinnerte er sich der martialischen Haltung des Reiters, des langen Raufdegens, der an seine Waden schlug, und des furchtbaren Auges, mit dem er die Kavalkade hatte vorüberziehen sehen; dann sagte er zu sich selbst:

»Ich glaube offenbar, ich habe Unrecht gehabt; ein solcher Mann wird sich nicht einschüchtern lassen.«

An der Türe war Gorenflot völlig überzeugt, und er kratzte sich nicht mehr an der Nase, sondern hinter dem Ohr.

Plötzlich hellte sich das Gesicht des Mönches auf.

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06 grudnia 2019
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