Czytaj książkę: «Handbuch Arzthaftungsrecht», strona 15

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b) Die ärztliche Sorgfaltspflicht

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Sowohl im Bereich der deliktischen Haftung gemäß den §§ 823 und 831 BGB als auch im Bereich der vertraglichen Haftung gemäß §§ 630a–630h BGB gilt das Verschuldensprinzip, bei der persönliche Verantwortlichkeit für verschuldetes Fehlverhalten sanktioniert wird. Schadensersatz ist daher grundsätzlich nur zu leisten, wenn gegen die Verpflichtung, eine Behandlung des Patienten unter Einhaltung des medizinischen Standards durchzuführen, schuldhaft verstoßen wird[30]. Sowohl im Bereich der deliktischen Haftung, als auch bei der vertraglichen Haftung ist ein schuldhafter Verstoß gegen diese Verpflichtung gefordert, da es um die Verletzung von Verhaltenspflichten geht und insoweit eine unterschiedliche Behandlung deliktischen und vertraglichen Handelns abzulehnen ist.[31]

aa) Verschulden

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Neben dem Verstoß gegen den zu fordernden Standard bedarf es für die Feststellung einer Haftung eines Verstoßes gegen die zu beachtende Sorgfaltspflicht durch den Arzt und damit eines Verschuldens. Für die ärztliche Behandlung einschließlich der Behandlung mit medizinisch-technischen Geräten gilt stets der Grundsatz, dass die Sorgfaltsanforderungen an ein ordnungsgemäßes ärztliches Handeln erfüllt sein müssen. Maßstab hierfür ist also immer ein Verschulden i.S.v. § 276 Abs. 1 BGB. Hiernach ist sowohl ein vorsätzlich fehlerhaftes ärztliches Handeln – dieses dürfte in der Praxis kaum eine Rolle spielen – als auch der Vorwurf fahrlässigen ärztlichen Handelns zu beurteilen. Letzteres liegt vor, wenn der Arzt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

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Der Maßstab wird für die zu fordernde Sorgfaltspflicht ist immer ein objektiv-typisierender, nicht ein Maßstab sein, der sich nach subjektiv-individuellen Merkmalen des behandelnden Arztes richtet.[32] In Folge dessen kann Arzt sich jedoch nicht für sein dem medizinischen Standard zu wider laufendes Vorgehen haftungsrechtlich nicht entlasten, auch wenn dies aus seiner persönlichen Lage heraus subjektiv als entschuldbar erscheinen mag, etwa weil er sich im gegebenen Behandlungsgeschehen als überfordert erwies und daher mit medizinisch falschen Mitteln helfen wollte.[33] Der jedoch im Arzthaftungsrecht geltende objektivierte zivilrechtliche Fahrlässigkeitsbegriff gilt nach Auffassung des BGH auch für einen Arzt, auch wenn er einerseits noch kein Facharzt war, andererseits aber auch kein Berufsanfänger mehr, sondern nach eigener Bekundung im Rahmen seiner Anhörung ein „erfahrener Arzt“ war[34].

bb) Weiterbildungsverpflichtung

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Als Folge dieses objektiv-generalisierenden Maßstabes zur Festlegung des einzuhaltenden Standards ergibt sich eine ständige Weiterbildungsverpflichtung des Arztes auf dem Gebiet, in dem er behandelt.[35] Auf welchen konkreten Gebieten er sich kontinuierlich weiterbilden muss und er seinen Wissensstand ständig anpassen muss ergibt sich im Grundsatz aus den Inhalten der für ihn individuell geltenden berufsrechtlichen Weiterbildungsordnung.[36] Insbesondere ist erforderlich, dass der Arzt sich aus der Fachliteratur speziell über Erfahrungen mit einem von ihm eingesetzten Heilmittel vergewissert und dieses überprüft.[37] Insgesamt sind an die Fortbildungspflicht eines Arztes strenge Anforderungen zu stellen. Dem Arzt kann grundsätzlich keine längere Karenzzeit bis zur Aufnahme der wissenschaftlichen Diskussion durch die Praxis zugebilligt werden.[38]

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Allerdings ist zu beachten, dass lediglich gefordert wird das regelmäßige Lesen einschlägiger Fachzeitschriften auf dem entsprechenden Gebiet, nicht z.B. von Fachärzten die Lektüre medizinischer Spezialliteratur eines anderen Fachgebietes.[39] So wurde von Allgemeinmedizinern auch nicht die Lektüre von ausländischen Fachzeitschriften gefordert.[40] Generell hat die Rechtsprechung auch entschieden, dass jedenfalls der Besuch inländischer Fortbildungsveranstaltungen ausreichend sein kann und nicht die Verpflichtung besteht, Spezialveröffentlichungen über Kongresse oder ausländische Fachliteratur laufend zu studieren.[41] Soweit es um die Kenntnis von Komplikationen einer Behandlung geht muss die wissenschaftliche Diskussion hierüber noch nicht beendet sein. Es genügt vielmehr, dass ernsthafte Stimmen in der medizinischen Wissenschaft auf bestimmte mit einer Behandlung verbundene Gefahren hinweisen, die nicht lediglich als unbeachtliche Außenseitermeinungen abgetan werden können, sondern als gewichtige Warnungen angesehen werden müssen.[42] Generell ist davon auszugehen, dass für die Beurteilung, welche Behandlung aus juristischer Sicht als fachgerecht anzusehen ist und über welche Alternativen der Patient zu informieren ist, nicht der Facharztstandard im Ausland, sondern der hiesige Facharztstandard maßgeblich ist, den das Gericht mit sachverständiger Hilfe festzustellen hat. Maßgeblich ist der Meinungsstand, wie er von den Fachgesellschaften und den anerkannten medizinischen Lehrbüchern vertreten wird.[43]

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Es ist allerdings davon auszugehen, dass die fortschreitende Internationalisierung der Medizin eine Veränderung der Anforderungen an den Arzt oder zumindest an spezialisierte Fachärzte mit sich bringt. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass heutzutage ein Großteil der neuen medizinischen wissenschaftlichen Veröffentlichungen in englischer Sprache erfolgen und dies nicht nur, wenn sie etwa aus dem angelsächsischen Raum stammen. Von daher dürfte es nicht angebracht sein ohne Ausnahme eine Weiterbildungspflicht des Arztes beschränkt auf lediglich deutsche Fachliteratur oder Besuch von Fachkongressen in Deutschland zu beschränken.

c) Der Facharztstandard

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Bei der Frage des konkret einzuhaltenden Standards bei ärztlicher Behandlung hat die Rechtsprechung den jeweiligen fachärztlichen Standard zur ordnungsgemäßen Behandlung des Patienten gefordert. So ist in den Fachabteilungen eines Krankenhauses eine Behandlung nach dem Leistungsstandard eines dem Stande der medizinischen Wissenschaft entsprechend weitergebildeten und als Facharzt anerkannten Spezialisten vertraglich geschuldet.[44]

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Allerdings ist dieser allgemeine medizinische Standard zunächst nicht identisch mit dem durch die Rechtsprechung geforderten fachärztlichen Standard, was sich schon dadurch ergibt, dass auch ein in der Ausbildung zum Facharzt befindlicher Arzt durchaus den allgemeinen medizinischen Standard einhalten kann und wird. Die Facharztanerkennung als solche ist für die Gewährleistung des allgemeinmedizinischen Standards nicht erforderlich, hier kommt es allein auf die objektivierbare medizinische Qualität der Behandlung an.[45] Der BGH hat jedoch in seiner Entscheidung aus 1983 bei der Frage der Abgrenzung einer bei einer Operation durchaus möglichen Komplikation von einem Schadenseintritt durch ein behandlungsfehlerhaftes Verhalten die Überwachung und Aufsicht eines noch nicht vollständig zum Facharzt ausgebildeten Arztes durch einen diesen Status innehabenden Kollegen verlangt.[46] Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt zu Grunde, dass es im Rahmen einer Lymphknotenextirpation einer Patientin zu einer neurogenen Schädigung kam. Die Operation hatte ein Mediziner durchgeführt, der die Facharztanerkennung noch nicht besaß, auch erfolgte der Eingriff ohne Aufsicht oder Überwachung eines Facharztes. Der Operateur war zwar vor der Operation durch den Dienst habenden Oberarzt belehrt worden, wo die lokale Anästhesie zu setzen und wie der Schnitt zu führen sei, allerdings war es für ihn die erste Operation dieser Art. Da in dem vorliegenden Verfahren durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht geklärt werden konnte, ob es sich bei der eingetretenen Nervenschädigung um die Folge eines schuldhaften Behandlungsfehlers durch den Operateur handelte oder aber um eine auch für einen erfahrenen Facharzt unvermeidliche Komplikation, wurde vorliegend durch den BGH der Krankenhausträger wegen schuldhafter Schlechterfüllung des Behandlungsvertrages zum Schadensersatz verurteilt. Hierbei führte der BGH aus, dass schon allein die während der Operation nicht gegebene Einhaltung eines fachärztlichen Standards, sei es durch den Operateur selbst oder aber durch eine entsprechende Aufsicht eines Facharztes, einen Behandlungsfehler darstellt.[47]

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Der Bundesgerichtshof hat seit dieser Zeit in einer Vielzahl von Entscheidungen diesen sog. Facharztstatus bestätigt.[48] Die Idee, welche hinter diesen Entscheidungen des BGH steht, ist die, dass der Patient zunächst Anspruch auf lückenlose fachkompetente Behandlung hat. Insoweit muss der Patient zwar hinnehmen, dass ein Arzt in Weiterbildung zum Facharzt sich seine Kenntnisse und Fertigkeiten auch anhand seines Falls verschafft; er muss jedoch nicht hinnehmen, dass er trotzdem das höhere Risiko eines Fehlernachweises zu tragen hat.[49]

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Der BGH hat ferner klargestellt, dass die Einhaltung des zu fordernden Facharztstandards nicht bedeutet, dass jeder Nicht-Facharzt unter Aufsicht eines Facharztes arbeiten muss. Mit zunehmenden Kenntnisstand und Erfahrung des auszubildenden Arztes kann die geforderte Assistenz schrittweise gelockert werden.[50] Dann wird aus dem zunächst überwachenden Facharzt mehr und mehr ein Partner für den Fall auftretender Schwierigkeiten, die z.B. sich bei Eintritt von Komplikationen ergeben. Ist zunächst erst eine Lockerung der Aufsicht möglich, die sich darin zeigt, dass der aufsichtführende Facharzt sich in eine Rufbereitschaft zurückzieht, kann schließlich auf einen aufsichtführenden Facharzt ganz verzichtet werden, wenn der Auszubildende aufgrund seiner bereits erworbenen praktischen Erfahrungen selbst die Gewähr für den fachärztlichen Standard bietet.[51]

aa) Facharztstandard bei Anfängern

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Soweit ein in der Ausbildung zum Facharzt stehender Arzt also Stück für Stück im Rahmen der von ihm gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen in die selbstständige Operationsführung hineingeführt werden kann, wird jedoch vom BGH der Facharztstandard des begleitenden Arztes streng gefordert.[52] Der einen jungen Arzt überwachende Kollege muss nicht nur den Risiken des Behandlungsfalles und den Besonderheiten des Patienten gerecht werden, sondern vielmehr gleichzeitig auch der individuellen Lage des jungen Arztes. Die Überwachung eines jungen Arztes erfordert nämlich auch ein rechtzeitiges Erkennen von Unsicherheiten oder einer aufkommenden Konzentrationsschwäche. Insoweit rückt das besondere Maß von Autorität in den Vordergrund, welches ein erfahrener fachärztlich weitergebildeter Mediziner gegenüber einem noch in der Weiterbildung befindlichen Kollegen ausstrahlt. Auch überrascht einem aufsichtführenden Facharzt eine unvermutete Komplikation weit weniger, da er zum einen nicht selbst unmittelbar involviert ist, zum anderen von ihm eine Kompetenz und Souveränität zu erwarten ist, die unter Umständen auch ein sehr erfahrener Mediziner – wenngleich ohne Facharztqualifikation – wohl entbehren wird.[53] Die Notwendigkeit, dass ein Facharzt jederzeit auf eine ungewöhnliche und gleichermaßen unerwartete Komplikation schnell und umsichtig reagiert, setzt ein höheres Maß an Qualifikation voraus, als sie notwendig ist, um selbst fehlerfrei einen entsprechenden Eingriff durchführen zu können. Erst durch die abgeleistete Facharztprüfung wird dieser höhere Grad an Qualifikation nachgewiesen und dokumentiert.

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Durch das Ablegen der Facharztprüfung wird nicht nur eine erforderliche jahrelange Übung in einer bestimmten Behandlungsmethodik des Behandlungsgebietes dokumentiert, sondern gerade der Nachweis dieser Übung im Rahmen des gesamten Fachgebietes. Hierdurch ist ein erheblich höherer Grad an Komplexität vonnöten, um angemessen und umsichtig auf den unerwarteten Fehler des jungen Arztes unter dem Blickwinkel der speziellen Patientensituation und unter dem Dach des gesamten Fachgebietes reagieren zu können.[54]

bb) Facharztstandard bei Narkosen

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Diese vom BGH aufgestellten Grundsätze für die Durchführung einer Operation gelten auch für die Übertragung einer selbstständig durchzuführenden Narkose auf einen dafür nicht ausreichend qualifiziert Arzt.[55] Soweit ein nicht ausreichend qualifizierter Arzt eine selbstständig durchzuführende Narkose durchführt, ist hierin ein Behandlungsfehler im weiteren Sinne zu sehen.[56] Die in erster Linie in Rechtsstreitigkeiten über sog. Anfängeroperationen entwickelten Grundsätze gelten nach Auffassung des BGH in gleicher Weise auch für Anfängernarkosen. Ebenso wie bei einer Operation hat der Patient auch bei der Narkose aus der Übernahme seiner Behandlung durch ein Krankenhaus vertraglich und deliktisch einen Anspruch auf ärztliche Behandlung, die dem Standard eines Facharztes entspricht. Ein zusätzliches Risiko darf dem Patienten nicht dadurch entstehend, dass einem erst in der Weiterbildung zum Facharzt stehenden Arzt eine eigenverantwortliche Narkose übertragen wird, denn die mit der Ausbildung junger Ärzte naturgemäß verbundenen höheren Verletzungsgefahren müssen durch besondere Maßnahmen ausgeglichen werden, damit dem Patienten im Ergebnis jedenfalls stets der Standard eines Facharztes geboten wird.[57]

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Allerdings sind nach Auffassung des BGH für die Narkose durch einen in der Weiterbildung befindlichen Arzt Besonderheiten zu beachten. Insoweit verlangt der BGH nicht wie für chirurgische Eingriffe, dass auch auf dem Gebiet der Anästhesie stets nur unter der unmittelbaren Aufsicht eines Facharztes gearbeitet werden darf. Dies würde nach Auffassung des BGH zu einer Überspannung des für die Gewährleistung des Facharztstandards gebotenen Sorgfaltsmaßstabes führen, da zum einen in den vom Gericht entschiedenen Fällen zur chirurgischen Operation ohnehin die Assistenz eines weiteren Arztes erforderlich war und zum anderen auf dem Gebiet der Anästhesie die Verhältnisse schon deshalb grundsätzlich anders liegen, da am jeweiligen Operationstisch in aller Regel nur der Einsatz eines einzelnen Arztes erforderlich ist.[58] Aus diesem Grunde hält der BGH zumindest für die Narkose durch einen sich noch in der Facharztausbildung befindlichen Arzt es nicht für prinzipiell unzulässig, wenn zwischen einem noch unerfahrenen Anästhesisten und einem in einem benachbarten Operationssaal tätigen Fachanästhesisten lediglich ein Blick- und/oder wenigstens Rufkontakt besteht.[59]

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Ein entsprechender Blick- und/oder Rufkontakt zwischen dem unerfahrenen Anästhesisten und dem benachbarten Facharzt für Anästhesie hat der BGH jedoch nicht für die Risikophasen einer Narkose, insbesondere die Intubation sowie auch die bei bestimmten Operationen notwendige Umlagerung des Patienten für nicht ausreichend gehalten. In solchen Phasen hält der BGH das Erfordernis der Anwesenheit eines Fachanästhesisten unbedingt für erforderlich.[60]

cc) Facharztstandard bei Vertretung

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Im Gegensatz zu chirurgischen Eingriffen und Anästhesien stellt sich die Frage eines einzuhaltenden Facharztstandes selbstverständlich auch für nicht operative Behandlungen. Jedenfalls schuldet der Krankenhausträger einen Facharztstandard gegenüber seinen Patienten, wenn einem noch in der Weiterbildung befindlichen Arzt ein Patient zugewiesen wird. Bei Urlaubsabwesenheit der beaufsichtigenden Ärzte der entsprechenden Abteilung haftet der Krankenhausträger dann auf Grund eines Organisationsmangels, wenn nicht eine Kontrolle des Anfängers durch Erörterung der Eingangsbefunde und Beratung über das weitere ärztliche Vorgehen kontrolliert stattfindet.[61] Die Sicherstellung des Facharztstandards kann insoweit durch eine Anweisung erfolgen, dass nach der Erhebung der Anamnese und nach Durchführung der Aufnahmeuntersuchung die Patienten einem beaufsichtigenden Facharzt vorzustellen sind. Unerlässlich ist zumindest in der Anfangszeit der Beschäftigung eines noch nicht voll ausgebildeten Arztes auch eine Kontrolle, ob sich der Anfänger an die erteilten Anweisungen hält und er im Verlauf der Behandlung sich auch an notwendig werdende weitere ärztliche Entscheidungen verantwortungsvoll hält und sich vor allem in Zweifelsfällen wiederum an den erfahrenen Fachkollegen wendet.[62] Nicht ausreichend ist für den Fall einer Zuweisung von eigenen Patienten an noch nicht voll ausgebildete Fachärzte, wenn lediglich die „abstrakte“ Möglichkeit besteht, dass diese sich an die anderen Assistenzärzte oder den Oberarzt wenden können, da es so letztlich der eigenen Initiative der gänzlich unerfahrenen Ärzte überlassen bleibt, ob sie sich die eigenständige Behandlung des Patienten ohne Einschaltung eines Facharztes zutrauen oder nicht. Aus diesem Grunde verlangt der BGH eine organisatorische Kontrolle der Tätigkeit noch in der Weiterbildung befindlicher Ärzte auch in Behandlungsbereichen, welche die nichtoperative Behandlung betreffen bzw. die Narkosetätigkeit.[63]

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Damit ist auch für den Bereich der nichtoperativen Behandlung durch die Rechtsprechung klargestellt worden, dass zumindest organisatorisch sichergestellt sein muss, dass dem Patienten ein Facharztstandard geboten wird. Die Frage, wann ein noch in der Ausbildung zum Facharzt befindlicher Arzt in der Lage ist, eigenverantwortlich eine Behandlung durchzuführen, sowie die Frage, ob im Falle der Feststellung noch nicht ausreichender Kenntnisse und Erfahrungen ein ausgebildeter Facharzt permanent assistieren muss oder aber ggf. eine Assistenz und Beobachtung nur in besonderen Gefahrensituationen notwendig ist, ggf. sogar lediglich eine Rufbereitschaft reichen kann, ist lediglich in dem konkreten Einzelfall zu entscheiden. In der Praxis wird in der arzthaftungsrechtlichen Auseinandersetzung wohl ein Sachverständiger diese Fragen beantworten. Hier dürfte zu differenzieren sein zwischen Grad und Schwierigkeit des Eingriffs bzw. der Behandlung, sowie nach eventuell bestehenden Begleitrisiken und insbesondere den individuellen Fähigkeiten sowohl des Operateurs als auch des assistierenden Kollegen.[64] Ferner sind auch die organisatorischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, denn es ist in dem jeweiligen Einzelfall zu klären, ob den berechtigten Interessen des Patienten, durch den Einsatz eines noch nicht voll ausgebildeten Arztes Rechnung getragen wurde, nicht einem zusätzlichen Risiko ausgesetzt zu werden.[65]

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Soweit ein nicht voll ausgebildeter Arzt für ihn erkennbar eine Behandlung übernimmt, der er fachlich nicht gewachsen ist, kann ihn ein Verschulden wegen ärztlicher Versäumnisse treffen, insbesondere kann ihm ein Übernahmeverschulden zur Last fallen.[66] Bei der Frage, ob dem Anfänger ein solcher Vorwurf zu machen ist, ist auf die nach seinem Ausbildungsstand vorauszusetzenden Kenntnisse und Erfahrungen abzustellen.[67] Der BGH hat insoweit klargestellt, dass gerade von einem ärztlichen Berufsanfänger erwartet werden kann und muss, dass er gegenüber seinen Fähigkeiten besonders selbstkritisch ist und dass er sich unter Umständen der lebensbedrohlichen Gefahren für seine Patienten bewusst sein muss, die er durch ein gedankenloses Festhalten an einem Behandlungsplan, durch Mangel an Umsicht oder das vorschnelle Unterdrücken von Zweifeln heraufbeschwören kann.[68]

II. Diagnosefehler

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Im Rahmen der vertraglich geschuldeten ordnungsgemäßen Behandlung des Patienten schuldet der Arzt diesem zunächst eine ordnungsgemäße Diagnoseerhebung. Hierbei hat er alle notwendigen Befunde zu erheben und diese fachgerecht zu beurteilen.[69] Hierbei hat er alle ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zu nutzen, deren Anwendung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und den zur Verfügung stehenden Mitteln – ohne hierbei neue ernsthafte Gefahren des Patienten zu verursachen – möglich ist. Auf dem Weg zur richtigen Diagnosefindung hat der Arzt auch abzuwägen, inwieweit die Risiken einer invasiven diagnostischen Maßnahme im Verhältnis zur vermuteten Erkrankung und der jeweiligen Gefahren steht. Je konkreter sich eine bestimmte Krankheit abzeichnet, desto eher soll der Arzt auf gefährliche invasive und aufwendige Diagnostikmaßnahmen verzichten. Daneben trifft den Arzt im weiteren Behandlungsverlauf die Pflicht alle notwendigen und zumutbaren Therapiemaßnahmen bei seinen Patienten einzuleiten und ordnungsgemäß durchzuführen, um den Heilerfolg zu fördern.

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In diesem Zusammenhang ist es generell angezeigt, dass der Arzt bei einer ersten Konsultation die notwendigen Befunde selbst erhebt. Die Anamneseerhebung ist als elementarer Bestandteil der Diagnosefindung vom Arzt sorgfältig und gründlich vorzunehmen.[70] Deshalb handelt ein Arzt auch pflichtwidrig, wenn er sich mit einer Ferndiagnose, z.B. einer Telefondiagnose zufrieden gibt und sich nicht von der Erkrankung des Patienten ein eigenes Bild macht.[71]

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Schließlich ist auch eine unzureichende therapeutische Beratung, häufig auch als „therapeutische Aufklärung“ bezeichnet, zu erwähnen. Hierbei geht es nicht um eine fehlerhafte rechtliche Aufklärung, sondern um notwendige Informationen durch den Arzt zur Sicherung der Therapie oder um die ärztliche Beratung als Kernstück der Therapie selbst.