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2.3.2. Prozess und Entwicklungsstufen

Ein kritischer Aspekt in der Betrachtung des Enneagramms als Prozess betrifft die Entwicklungsstufen. Es sollte hinterfragt werden, ob die Theorie der Entwicklungsstufen sich mit dem Enneagramm als Instrument zur Veränderung vereinbaren lässt und für wen dies sinnvoll ist.

Die Enneagramm-Autoren Riso und Hudson arbeiten mit den Entwicklungsstufen. Nach Riso und Hudson geben die Entwicklungsstufen auf der Entwicklungsskala an, wie weit ein Mensch sich entwickelt hat. Mit den Entwicklungsstufen wird erklärt, dass je nachdem, auf welchem Entwicklungsgrad man sich befindet, die Charakterzüge des jeweiligen Typs vorhersagbar sein können, und vor allem, warum dies gerade so sei.362 Risos und Hudsons Ansichten wurden vom Amerikaner Ken Wilber inspiriert, der sich vor allem mit der integralen Theorie beschäftigte. Damit das Enneagramm als psychologisches System komplett sein kann, sollte es sowohl vertikale als auch horizontale Komponenten enthalten. Die horizontale Ausrichtung stellt die Charakterzüge dar, während die vertikale die Entwicklung eines Menschen zeigt. Nach dem Muster der vertikalen Entwicklung werden die Enneagramm-Typen in neun Entwicklungsstufen geteilt, auf Grundlage von gesund, durchschnittlich und gestört. Obwohl Riso und Hudson behaupten, dass das Enneagramm dadurch umfassender und die menschliche Natur in ihrer Komplexität wiedergegeben werde,363 lässt sich fragen, ob die Komplexität, die sich aus der Berücksichtigung des Entwicklungsgrades ergibt, für die praktische Arbeit mit dem Enneagramm eher ein Hindernis für die persönliche Entwicklung sein könnte.

Bei unterschiedlichen Autoren werden die Stufen entweder auf drei oder zwei Ebenen genannt. So gibt es die Stufen „weniger entwickelt, entwickelt und hoch entwickelt“364 oder „eine große Bandbreite, die wir uns wie eine kontinuierliche Skala vorstellen können, die zwischen den Extrempolen ‚unreif‘ und ‚gereift‘ verläuft.“365 Hier werden keine bestimmten Werte wie bei Riso und Hudson angegeben, was nach meiner Ansicht angemessener für die Arbeit mit dem Enneagramm ist. Die Berücksichtigung der Entwicklungsstufen könnte für die Arbeit mit dem Enneagramm deshalb als Herausforderung gesehen werden, weil dadurch behauptet wird, dass die Arbeit an der persönlichen und spirituellen Entwicklung messbar wäre. Zwar ist es sinnvoll, dass es eine Entwicklung auf einer vertikalen Ebene geben kann – aber die Skala mit Ziffern zu versehen, ist weithergeholt und könnte für die Arbeit an sich und mit Mitmenschen problematisch sein. So besteht z.B. die Gefahr, dass Menschen andere Personen auf Grund oberflächlicher Hinweise einstufen und bewerten. Die Selbsteinstufung ist auch mit Vorsicht zu betrachten. Riso und Hudson geben selber an, dass sich Personen als Teil ihres Abwehrmechanismus auf der Skala selbst besser einzustufen versuchen, als sie wirklich sind.366 Die Theorie von „Entwicklungsstufen“ hat subtile Untertöne, die unter anderem suggerieren können, dass sich etwas in einem Zustand befindet, der „im Vergleich“ mit etwas anderem minderwertig oder änderungsbedürftig ist. Hier rutscht die Arbeit mit sich selbst und mit anderen plötzlich in den Bereich einer „Leistungsskala“ oder eines „Heiloptimismus“. Für diejenigen, die die „höchste Stufe“ erreicht haben, gut entwickelt sind oder selbst davon überzeugt sind, ist die Gefahr der Selbstgefälligkeit und der Herablassung auf andere, was sich gerade für die Gruppenarbeit in jeglicher Form negativ auswirken kann, nicht auszuschließen.

Als mögliches Anwendungsgebiet für die differenzierte Einteilung der Typen in Entwicklungsstufen käme möglicherweise die Typisierung einer Person durch Experten in Frage. Eine Einteilung und vor allem auch das Verstehen der Probleme einer Person – beispielsweise in der Seelsorge – kann durch eine in kleineren Schritten vorgehende Einteilung präziser werden. Für die Arbeit an sich selbst mit dem Enneagramm als Instrument zum Selbstverständnis ist diese differenzierte Einteilung eher hinderlich, da sie immer eine Art von Bewertung beinhaltet.

2.4. Typisierung

In der Medizin (z.B. Gewebetransplantation) ist die Typisierung für eine erfolgreiche Behandlung von großer Bedeutung, sodass auf die Genauigkeit der zutreffenden Daten geachtet werden muss. Die Frage, die mithin gestellt werden sollte, ist, ob im Enneagramm, so wie z.B. in der Medizin, großen Wert darauf gelegt wird, ob die Typisierung Kriterien erfüllt, die zu einer guten und zumindest zweifelsfreien Zuordnung führt.

Es wurde vorhin gezeigt, dass das Enneagramm als Typologie grundlegend für die Arbeit am Wachstumsprozess ist. Der Einstieg in diesen Prozess fängt mit einer Typisierung an. Ebert sagt zu Recht, dass die Identifikation mit einem bestimmten Enneagramm-Muster seine Rechtfertigung in der Desidentifikation findet.367 „Erst wenn ich weiß, was mich persönlich besetzt, kann ich mit Gottes Gnade die nächsten Schritte zur eigenen Befreiung finden.“368 Ebert beteuert, dass es fatal wäre, wenn man bei der Identifikation bliebe, und schlimmer wäre es, wenn das herausgestellte Enneagramm-Muster als Selbstrechtfertigung benutzt würde.369 Unabhängig davon wäre vielleicht die Frage wichtiger, welche Konsequenzen es für den Einzelnen hätte, wenn er von einem Außenstehenden falsch typisiert würde. Für Zuercher ist „Erkenntnis […] schon Wandel.“370 Einen Schritt weiter geht Bartels, indem er an die Zweckmäßigkeit der Erkenntnis mahnt. „Das Enneagramm nicht gesetzlich, sondern heuristisch zu gebrauchen, würde auch bedeuten, dass die Einordnung eines Menschen nie Selbstzweck sein darf, sondern immer nur der berühmte ‚erste Schritt zur Besserung’“371 ist. „Der Wandlungsprozess von der Fixierung hin bis zu Integration und Versöhnung beginnt paradoxerweise mit der Diagnose, das heißt, mit dem Innehalten und mit der nüchternen Wahrnehmung des eigenen Lebensskripts und des automatisierten Verhaltensmusters.“372 Das macht die Typisierung zu einem zentralen Punkt in der Arbeit mit dem Enneagramm. Durch die Typisierung werden die typologischen Beschreibungen von lebendigen Menschen wahrgenommen und repräsentiert. Es geht nicht mehr um eine Verallgemeinerung, sondern um einzelne, individuelle Personengeschichten. Daher ist nach Palmer das Typisieren keine so einfache Angelegenheit, weil „Menschen […] sehr viel beweglicher und komplexer als alles [sind], was durch eine Liste von Charakterzügen beschrieben werden könnte.“373 Trotzdem ist die Identifikation mit den Charakterzügen maßgebend für die Arbeit mit dem Enneagramm. Im Interview bemerkt Martha, wie es ihr deutlich wurde, dass – solange das „richtige“ Enneagramm-Muster nicht festgestellt wird – kaum mit der Arbeit an sich angefangen werden könne. Für Martha war das Herausfinden ihres Enneagramm-Musters damit verbunden, dass sie sich darin gut gefühlt habe (auch wenn dieser Prozess schwierig gewesen sei), d.h., dass sie sich mit den Beschreibungen besser habe identifizieren können.374 Andererseits gibt es auch Menschen, die sich mit ihrem Muster sicher sind, obwohl es sein könnte, dass es nicht stimmt. So bemerkt Naranjo, dass er bei vielen Leuten nicht einverstanden sei, wenn sie ihm sagten, dass man sie für ein bestimmtes Muster typisiert habe.375 Es wird weiter gezeigt, dass wegen solcher Fälle kritisch mit dem Typisieren umgegangen werden sollte und nicht nur sich selbst gegenüber, sondern das ganze Typisierungssystem in Frage gestellt werden dürfe.

2.4.1. Typisierungsverfahren: Fragebogen/Typisierungsinterview

Meiner Ansicht nach wäre für die Typisierungsverfahren der Vorschlag von Rohr und Ebert für eine zusammenfassende Aussage über die Typisierung zutreffend. So schreiben Rohr und Ebert:

Um dem eigenen Muster auf die Spur zu kommen, ist jedenfalls zunächst die Selbsteinschätzung durch nichts zu ersetzen. Danach kann man sich mit Menschen austauschen, die einem nahe stehen und einen gut kennen. Als dritte Priorität wäre der Austausch mit einer Person zu nennen, die das Enneagramm gut kennt. Erst dann wäre ein Kontrolltest sinnvoll.376

Mit dem Titel „Discovering Your True Ennea-Typ“ beschreibt Barbara Garro, wie sie sich habe anstrengen müssen, um auf ihr richtiges Enneagamm-Muster zu gelangen. Auf diesem langwierigen Weg habe sie mehrere Autoren gelesen, mit einigen Autoren selbst gesprochen und an Enneagramm-Seminaren teilgenommen, wo sie die Gelegenheit hatte, andere Menschen kennen zu lernen, die bei den Panelgesprächen über sich sprachen. Dazu füllte sie drei publizierte Enneagramm-Fragebögen aus. Nach all dem konnte sie ihr Muster durch ein Gespräch mit einer ihr nahestehenden Person bestätigen.377 Mit dem Beispiel von Garros „Weg“ wird jetzt auf einige Praktiken der Typisierung eingegangen, vorwiegend auf Fragebögen und Typisierungsinterviews.

Auf die einzelnen Fragebögen wird in dieser Arbeit nicht eingegangen. Mein Anliegen ist es nun, die Tücken, die mit den Fragebögen einhergehen, zu beschreiben und auf sie aufmerksam zu machen.

Bei Rohr und Ebert gelten die Fragebögen als Kontrolltest, d.h., sie dienen der Überprüfung der bis dahin herausgestellten Muster. In einer Diskussion im „Enneagram Monthly“ bemerkt Ed Jacobs, dass Menschen, die ihr Muster schon kennen, mit den Fragebögen so umgehen, dass sie die Antworten basierend auf dem Vorwissen ihres Musters auswählen.378 Sogar wenn die Werte der Fragebögen wissenschaftliche Daten liefern, spielt die Objektivität bei der Beantwortung der Fragen eine maßgebende Rolle.

Es kann auch vorgeschlagen werden – so wie es Mona Coates in der zuvor erwähnten Diskussion tut –, dass es sinnvoller wäre, die Bögen nicht als Kontrolltest, sondern als „Primär-Test“ für diejenigen zu verwenden, die sich zum ersten Mal mit dem Enneagramm beschäftigen. Hier liegt das Problem darin, dass – obwohl die Werte nach Punktzahlen Informationen über die möglichen Muster liefern – die Motivationen aber nicht berücksichtigt werden. So kritisieren Metz und Burchill, dass bei einem solchen Zugang die Werte immer zumindest begrenzt seien, da diese Fragen statt der Motivation das Verhalten beträfen.379 Nach Schulz „spiegeln [die Fragebögen] in der Regel nur den gegenwärtigen Stand und differenzieren nicht zwischen Hinweisen auf das Grundmuster und den Wunschvorstellungen bzw. Projektionen.“380 Daher schlagen Metz und Burchill vor, dass die Fragen in den Bögen nicht neutral bleiben dürfen, sondern so gestellt werden sollten, dass sie über die Motivation von bestimmtem Verhalten Bescheid wissen wollen.381 Ansonsten basieren sie lediglich auf der oberflächlichen Beschäftigung mit Verhaltensmustern. Nur wenn dies vermieden wird, kann differenzierter mit den einzelnen Themen umgegangen werden.

Schulz behauptet, dass die von Palmer entwickelte systematische Interviewtechnik (Typisierungsinterview) viel genauer sei, wenn es darum geht, das richtige Muster herauszufinden. Allerdings bringt Schulz seine Bemerkung in Bezug auf die Interviewtechnik den Aspekt des professionellen Trainings und der Selbsterkenntnis hinzu. Nach ihm sind diese voneinander nicht zu trennen. Unter „Supervision“ werden die Techniken des Typisierens vermittelt. Dabei wird die Selbsterkenntnis an vorderste Stelle gesetzt. Nur wenn man den „inneren Beobachter“ für die Selbsterkenntnis einsetzen könne, dürfe man sich zutrauen, anderen bei der Typisierung zu helfen.382 Nach Naranjo kann das auch bedeuten, dass man nicht mehr auf die Musterbeschreibungen, die zum Teil irreführend seien und beliebig interpretiert werden könnten, angewiesen sei, wie man es für nötig halte, sondern man auf eine tiefere Menschenkenntnis zurückgreife. Man lernt, durch andere zu sehen, aber unter der Voraussetzung, dass man sich selber durchschaut hat. Das Typisieren bleibt somit nicht beim methodischen Vorgang, sondern geht weiter zu ‚sich in den Anderen hineinversetzen‘ und ‚auf einer tieferen persönlichen Ebene verstehen lernen‘.383 Somit betonen auch Schulz und Naranjo, dass viel Wert auf die Kunst des Typisierens gelegt werden sollte

Ein anderer Aspekt, der bei der Typisierung betont werden sollte, ist der des Austausches. Im vorigen Zitat von Rohr und Ebert und schließlich bei Garro wird gezeigt, wie hilfreich es sein kann, wenn man mit nahestehenden Menschen ins Gespräch kommt und über das eigene Muster spricht. Coates schlägt sogar vor, dass man als Alternative im Umgang mit Fragebögen so vorgehen könne, dass Personen, die einem nahestehen, die Fragebögen ausfüllen und die Werte gemeinsam auswerten könnten.384 Dadurch, dass andere die Antworten, gewinnt die Übung einen höheren Grad an Objektivität. Einen anderen Menschen über sich sprechen zu lassen, ist zudem ein Zeichen von Vertrauen und Offenheit. Ein Beispiel hierfür ist das von Herrn Schulte. Er berichtet, dass – um sicherzustellen, dass er das richtige Muster gefunden habe – er andere Personen gefragt habe, wie sie ihn sähen und erlebten. Nach Herrn Schulte sei er positiv überrascht gewesen, dass andere ihn tatsächlich so sähen, wie es zum Teil in den Beschreibungen stehe. Für ihn war dieser Schritt hilfreich, nicht nur weil er sich mit dem herausgefundenen Muster wohlgefühlt und sich damit identifiziert habe, sondern weil er merkte, dass Andere ihn wahrnähmen, so wie er sei, und die Schwierigkeiten, die er im Leben hatte, zum Teil nachvollziehen konnten.385 Die Übung hat nicht nur sein Wissen über sich selbst erweitert, sondern das Urteil seiner Mitmenschen in diesem Rahmen wertzuschätzen gelehrt. Hier wird ersichtlich, dass durch die Übung Beziehungen jeglicher Form bereichert werden können. Je nachdem, wie die Beteiligten damit umgehen, kann die Kommunikation bereichert werden. Es kann auch ein erster Zugang sein, über sich in einer nicht urteilenden Art zu sprechen.386 Der emeritierte Professor für Pastoralpsychologie und Pastoralsoziologie Josef Schwermer schreibt in seinem Buch „Das helfende Gespräch in der Seelsorge“, dass bei allen helfenden Gesprächen Carl Rogers’ Bedingungen für eine erfolgreiche Kommunikation zu beachten seien, nämlich: „1.einfühlendes Verständnis, 2. Wertschätzung und Wärme und 3. Echtheit und Selbstkongruenz.“387 Mit anderen Menschen, die einen gut kennen, über sich zu sprechen, setzt die eben aufgelisteten Werte voraus. Andersherum könnte die Offenheit zu solchen Gesprächen zu diesen Werten führen.

2.4.2. Herausforderungen beim Typisieren nach Riso und Hudson

An dieser Stelle wird gezeigt, was das Typisieren erschweren kann und worauf geachtet werden sollte, wenn Personen typisiert werden. Die Ausführungen werden Risos/ Hudsons Buch „Understanding the Enneagram. The practical guide to personality types388 entnommen. Die nachfolgenden Ausführungen sind somit Wiedergaben und Kommentare zu Risos und Hudsons Arbeit.

Riso und Hudson begründen die Wichtigkeit einer richtigen Typisierung in Bezug auf den Wachstumsprozess, nämlich, dass der Einstieg in den Wachstumsprozess mit dem Enneagramm als Prozessmodell mit einer Typisierung beginnt. Wenn eine Typisierung nicht richtig ist, so Riso und Hudson, bringt einem das enneagrammatische Wissen nichts Weiteres als etwas Interessantes (fascinating curiosity). Problematisch wird es, wenn durch das Enneagramm Interesse für das Wissen um den Anderen geweckt wird und dadurch der Blick für das Eigene verloren geht.389 Man analysiert und bewertet andere Menschen auf eine pseudo-psychologische und spirituelle Art, wenn einem zugleich die Arbeit an sich selber nicht am Herzen liegt. Man vermittelt etwas, ohne ein persönliches Zeugnis und die Überzeugung darüber ablegen zu können. Dies kann mit Jesu Mahnung verglichen werden, nämlich den Splitter im Auge des Anderen herausnehmen zu wollen, aber den Balken im eigenen Auge nicht wahrnehmen zu wollen. (Mt 7,3).

Im Weiteren die Gedanken Riso/Hudsons über Herausforderungen bei der Typisierung:

- Sogar wenn alle wichtigen Merkmale des Enneagramms berücksichtigt werden, ist es kaum möglich, dass man sich völlig sicher über alle ausgeführten Typisierungen sein kann. Denn eine Person ist mehr als eine typologische Zusammenstellung menschlichen Verhaltens. Darüber hinaus ist das Enneagramm, wie vorhin gezeigt, ein komplexes „System“, das sich auf einzelne Menschen bezogen als verwirrend erweist.390

- Da ein Individuum mehr als die typologische Beschreibung ist, reichen die Beschreibungen für alle Aspekten des menschlichen Verhaltens nicht aus. Es braucht viel Zeit und Übung, um überhaupt eine grundlegende Übereinstimmung der Myriade an menschlichem Verhalten und die enneagrammatischen Beschreibungen zu verstehen.391

- Jedem sollte bewusst sein, dass nicht alle Eigenschaften, die einem Typ zugeteilt sind, als letzter Schlüssel zum Typisieren gelten können.392 Eine gewisse Spannbreite sollte immer beachtet werden.

- Die Komplexität des Enneagramms birgt in sich die Gefahr der Verwechslung der Typbeschreibungen. Bei über 486 Variationen der Enneagramm-Muster kommt es vor, dass sich ein gewisses Verhalten bei mehreren Mustern bemerken lässt. Um die Nuancen in den Ähnlichkeiten der Muster zu zeigen, wird ein großer Teil des Buches darauf verwendet zu zeigen, worin jeder Typ sich von dem anderen unterscheidet. Hier wird besonders auf die mögliche Motivation für ein auf den ersten Blick gleich zu bewertendes Verhalten hingewiesen.393

- Im Großteil der Enneagramm-Literatur und der Vermittlung des Enneagramms werden die Enneagramm-Typen auf eine „klischeehafte“ Art präsentiert, sodass die Typen nur mit bestimmten speziellen Eigenschaften identifiziert werden. Das Problem liegt hier darin, dass nicht alle Menschen, die zu einem Typ „gehören“, die üblichen Eigenschaften vorweisen. Riso und Hudson nehmen Muster Neun als Beispiel, um zu zeigen, dass es Menschen gibt, die reizbar oder sogar aggressiv sein können, obwohl sie Muster Neun haben, welches normalerweise als harmonisch und friedvoll präsentiert wird.394

- Wenn man keine Erfahrung mit den unterschiedlichsten Arten (Erscheinungsformen) eines Typs hat, kann es mit der Typisierung schwierig sein. Sogar wenn Personen den gleichen Typ haben, sollte verständlich sein, dass sie sich in ihrer Individualität und Verhaltensweise voneinander unterscheiden.395

- Wie weiter gezeigt wird, ist es sicherer, Menschen zu typisieren, denen man begegnet ist396 – in diesem Fall, indem man mit ihnen persönlich spricht. Dadurch kann es dazu kommen, dass über die Motivationen hinter einem Verhaltensmuster gesprochen wird. Denn hinter einem Verhalten stecken unterschiedliche Motivationen. Es mag möglich sein, dass Menschen typisierbar sind, ohne mit ihnen in direkten Kontakt getreten zu sein, weil sie die „typischen“ Verhaltensmuster eines Musters zeigen.397 Meiner Ansicht nach ist die zweite Variante aus Gründen, die später noch angesprochen werden, möglichst zu vermeiden: denn „Verhalten ist nicht immer das, was es zu sein scheint […]. Um die Bedeutung einer einzelnen Handlungsweise zu verstehen, müssen wir Informationen über das Individuum wie auch über die Situation haben, auf die sich die Handlungsweise bezieht.“398

- Es braucht viel Zeit und Übung, um das Verhalten unterschiedlicher Personen in Bezug auf die Enneagramm-Typbeschreibungen zu verstehen. Dementsprechend verlangt die Arbeit mit dem Enneagramm nicht nur ein fundiertes Wissen über die Theorie der Verhaltensmuster, sondern auch Interesse an Menschen und ihrem Verhalten – ihren Lebenswelten, ihren Wünschen, Motivationen und Lebensträumen. Wenn man diese Informationen erhalten hat, wird die Arbeit mit dem Typisieren erleichtert, aber vor allem hilft es den Menschen selber, dadurch, dass ihnen die Chance eingeräumt wird, sich zu besinnen und eigene Eigenschaften betrachten zu können, aber darüber hinaus zu lernen, sich dem Anderen zu öffnen.399

- Das Typisieren ist in sich selber eine schwierige Aufgabe. Diese Aufgabe wird umso schwieriger, weil es tatsächlich große Gemeinsamkeiten zwischen den Enneagramm-Mustern gibt. Die Aufgabe des Typisierens besteht darin, die Gemeinsamkeiten auseinanderzudifferenzieren.400

Für denjenigen, der typisiert wird unterbreitet Garro folgende Vorschläge. Es sollte vermieden werden:

- aus Angst davor, was andere Personen über einen denken, sich fälschlicherweise ein anderes Muster anzueignen und sich selber zu überzeugen, dass man SO ist; und darüber hinaus sich entsprechend dem Muster verhalten.

- sich das Muster anzueignen, das einen am meisten anspricht oder wie man sich gern sehen/gesehen werden würde, statt ein Muster mit seinen Stärken und Schwächen anzunehmen,

- bei der „Auswahl“ einige Muster beiseitezuschieben, weil wir nicht allzu gerne so sein wollen. Alle Muster müssen in Betracht gezogen werden, auch wenn sie einem zuwider sind.

- das bei einer Typisierung „herausgefundene“ Muster, ohne sich selber Gedanken darüber gemacht zu haben, anzunehmen. Es darf selber überprüft werden, damit man sich selbst auch sicher sein kann und davon überzeugt sein kann – denn auch Menschen, die in der Typisierung geübt sind, können „Fehldiagnosen“ machen, wie später gezeigt werden wird.401

Garro geht weiter und schlägt vor, wie am besten typisiert und damit umgegangen werden kann. Sie gibt dabei nicht einen Weg vor, sondern zeigt verschiedene Möglichkeiten, die für die Typisierung hilfreich sein können. So schlägt sie als erstes vor, offen für die Beurteilung anderer zu sein, besonders derjenigen, die sich mit dem Enneagramm auskennen. Dieses Verfahren könnte dazu beitragen, dass Menschen in den verschiedensten Lebensbereichen lernen zu hören, wie andere sie wahrnehmen. Es ist eine Übung für Vertrauen und Respekt.

Auf sich bezogen rät Garro dazu, selber die vorhandenen Enneagramm-Tests zu nehmen, deren Treffgenauigkeit jedoch in Betracht zu ziehen. Bei allem sei es wichtig, auf die eigene Intuition zu hören, so Garro. Für diejenigen, die älter sind, wäre es angebracht, sich darauf zu besinnen, wie man als junge Person war. Hier wird das Alter „Anfang 20“ vorgeschlagen.402

Bei den eben vorgetragenen Gedanken über die möglichen Erschwernisse bei der Typisierung kann insgesamt gesagt werden, dass das Wichtige die Einsicht ist, dass es letztendlich um Individuen geht. Obgleich es darum geht einen anderen Menschen zu typisieren oder selber das eigene Muster herauszufinden, benötigt das Typisieren Selbst- und Menschenkenntnis.

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